Virtuelle Herbsttagung des DVW NRW vor ausverkauftem „Haus“

Erstmals in der Geschichte des DVW NRW fand die DVW Herbsttagung als vollständig digitale Veranstaltung statt. Die ursprünglich als Hybridveranstaltung geplante Tagung musste aufgrund der aktuellen Corona-Situation in den virtuellen Raum verlegt werden; und das mit großem Erfolg! Das technische Limit von 200 Teilnehmern wurde erreicht und das Haus der Technik in Essen war also virtuell ausverkauft.

Die Teilnehmer am heimischen PC erwartete ein spannendes Themenpotpourri aus dem gesamten geodätischen Spektrum.

Erstmals in der Geschichte des DVW NRW fand die DVW Herbsttagung als vollständig digitale Veranstaltung statt. Die ursprünglich als Hybridveranstaltung geplante Tagung musste aufgrund der aktuellen Corona-Situation in den virtuellen Raum verlegt werden; und das mit großem Erfolg! Das technische Limit von 200 Teilnehmern wurde erreicht und das Haus der Technik in Essen war also virtuell ausverkauft.

Die Teilnehmer am heimischen PC erwartete ein spannendes Themenpotpourri aus dem gesamten geodätischen Spektrum. Vom großen weltumfassenden geodätischen FIG Netzwerk, über Copernicus Fernerkundung oder Perspektiven auf das Jahr 2030 bis ins kleine und lokale Farradrouting oder den Workflow beim Aufbau einer GDI zur Verwaltung von Landesimmobilien, war für jeden etwas dabei. Auch das aktuell alles dominierende Thema COVID-19 wurde mit harten Fakten aus dem Gutachterausschusswesen beleuchtet.

Der Vorsitzende des DVW NRW Andreas Wizesarsky eröffnete die Veranstaltung mit einem Überblick über die Vereinsaktivitäten, die insbesondere bei den für das Vereinsleben so wichtigen Präsenzveranstaltungen ebenfalls massiv durch Corona gelitten haben. Nichtsdestotrotz gingen die Aktivitäten des Vereins engagiert weiter. Herr Wizesarsky stellte die Entwicklungen der Nachwuchszahlen in Ausbildung und Studium vor und präsentierte die neue Social Media Kampagne „Weltvermesserer“ der Berufsverbände. Die Social Media Managerin Marlene Rypka, die diese Kampagne federführend begleitet, stellte sich und die Zielsetzung ihrer Arbeit vor. Zielgruppe sind dabei 14- bis 19-Jährige, die sich in der Orientierungsphase befinden. „Diese sollen sich mit coolen, lustigen und inspirierenden Motiven abgeholt fühlen“, berichtete Rypka, um so Werbung für den geodätischen Berufsstand, die Hochschulen und Ausbildungsbetriebe bei der so wichtigen Zielgruppe zu machen.  Hauptaugenmerk liegt dabei auf Instagram, auf der die User Bilder finden, die neugierig machen und zum Nachdenken einladen. Weiterführende Informationen sollen dann über eine Verknüpfung zur „Landingpage“ Abeitsplatz-Erde.de gefunden werden. Um authentische Geschichten aus dem Alltag für diese Kampagne zu gewinnen, rief Frau Rypka die Anwesenden zur Unterstützung auf, um „Content“ - also inhaltlichen Input - in Form von Fotos, Anekdoten, interessanten Messprojekten oder technischen Innovationen aus der Praxis beizusteuern.

Der erste Fachbeitrag startete sofort hochkarätig mit dem Vorsitzenden des FIG, Prof. Dr. Staiger, der die Brücke von den Weltvermesserern zu den Weltvermessern schlug. Dieser referierte über die Strukturen und die Aufgabenfelder des FIG sowie die Arbeit in dessen 10 Fachkommissionen. Die Gestaltung der Zukunft, die Weitergabe von Wissen und die Begegnung mit Menschen aus aller Welt beschreibt Prof. Staiger als seine zentralen Motivatoren im FIG. Daher lautet das Motto seiner Präsidentschaft „Volunteering for the Future“, also freiwilliges Arbeiten für die Zukunft. Dies setzt die als NGO (non-governmental organisation) anerkannte Organisation insbesondere durch die Förderung der "Young Surveyors Network", in dem junge Geodäten weltweit z.B. durch Stipendien unterstützt werden, um. Als weltweit wichtigstes Ziel nannte Prof. Staiger die Schaffung einer Landregistrierung. Damit ist die Schaffung eines offiziellen Eigentumsnachweises gemeint, da nur ca. 30% der Grundstücke weltweit registriert sind. Mit der Landregistrierung - vergleichbar dem deutschen Kataster - könne die soziale Sicherheit und der soziale Frieden gestärkt und auch ökonomische Vorteile wie die Kreditfähigkeit geschaffen werden und Landkonflikte nachlassen, so Dr. Staiger. Er machte die Schlüsselrolle der Geodäten in diesem Prozess deutlich, in dem insbesondere die in Deutschland sehr gut ausgebildeten Fachleute mit ihrer Expertise einen wertvollen Beitrag leisten können. Am Beispiel von Taxiunternehmen und Uber machte er deutlich, wie wichtig es auch für uns Vermesser ist, aus etablierten Strukturen gedanklich auszubrechen und sich an neuen Ideen zu beteiligen.

Im zweiten Beitrag lenkte Peter Ache, Leiter des DVW AK 6, einen fundierten Blick auf den Immobilienmarkt in Corona-Zeiten. In einer interaktiven Umfrage unter den Teilnehmern wollte er wissen, ob diese in der heutigen Zeit eine Eigentumswohnung kaufen würden. Mit 73 Ja-, zu 34 Nein-Stimmen, beantwortete eine deutliche Mehrheit im Auditorium diese Frage so, wie es auch in mehreren Analysen verschiedener Gutachterausschüsse anhand von „harten Zahlen“ belegt ist. Nämlich, dass sich nach einem anfänglichen „Corona-Schock“ im März die Teilmärkte und insbesondere der Wohnungsmarkt von der Krise unbeeindruckt zeigen und weiter steigende Preise zu beobachten sind. „Corona rüttelt nicht an den Preisen“, stellte Herr Ache aufgrund einer Auswertung der Transaktionen und der Kaufpreise des OGA in Niedersachsen fest. Um in der Breite belastbare Daten zu erhalten und Aussagen treffen zu können warb er dafür, weitere Auswertungen bei den örtlichen Gutachterausschüssen diesbezüglich durchzuführen. Bei Verkehrswertgutachten, die sich regelmäßig auf Marktdaten des letzten Jahres beziehen, schlug er einen Disclaimer in den Gutachten vor und machte die Notwendigkeit von schnellen Marktdaten, mindestens quartalsweise, deutlich. Nur so könne in Krisenzeiten dem Auftrag der Markttransparenz nachgekommen werden.

Ein Dreigespann aus Dr. Jan Hogan aus dem NRW Bauministerium und Birgit Pieke sowie Niko Jatzek (beide vom IT-NRW Geoinformationszentrum) berichtete über den Aufbau eines Liegenschaftsmanagementsystems für entbehrliche Landesimmobilien. Eine besondere Herausforderung war der Aufbau einer einheitlichen Datenbank aus den dezentral, in Excel-Tabellen oder komplexen Geo-Datenbanken,  gehaltenen Daten der verschiedenen Ministerien, Bezirksregierungen und Landesbetrieben. In dem System soll ein Marktplatz entstehen, in dem verschiedene Landesstellen nicht benötigte Liegenschaften einstellen und andere sich zum Zwecke der Umnutzung darauf melden können. Nicht benötigte Liegenschaften sollen auf dem allgemeinen Immobilienmarkt verwertet werden und im besten Falle zu Bauland weiterentwickelt werden. Besonders innovativ ist die Entwicklungspartnerschaft zwischen den Bundesländern Hamburg und NRW und die Kooperation der verschiedenen Ressorts innerhalb NRWs. Entgeltlos werden Softwareentwicklungen ausgetauscht und die Software kooperativ und ressourcensparend entwickelt. Mit Niko Jatzek trug dabei ein Preisträger des Besten-Preises 2019 vor, den der DVW NRW e.V. gemeinsam mit dem VDV-Landesverband NRW an der Hochschule Bochum verliehen hat.

Nach der Mittagspause, in der der persönliche Austausch zum Netzwerken schmerzlich vermisst wurde, stellte der nächste Preisträger, der DVW-Turbopreisträger Axel Forsch, seine Masterarbeit über ein Routingsystem für Fahrradfahrer vor. Mit Kostenfunktionen für verschiedene Kriterien wie Straßenbelag, Steigung, Geschwindigkeit des Verkehrs oder dem Streckenanteil auf offiziellen Radwegen, wurden verschiedene real aufgezeichnete Radtouren analysiert. Die Geoalgorithmik ermittelte verschiedene Typen, wie den Landschaftsradler oder den Rennradfahrer, womit eine individuelle Routenplanung mit optimaler Kostenfunktion ermöglicht werden soll.

Im parallel, zu den Vorträgen geführten Chat, in dem die Teilehmer ihre Fragen und Anmerkungen posten konnten, hat der Beitrag über das Datenbankgrundbuch „DABAG“ zu besonderer Aktivität geführt. Die Rolle und die Zugriffsrechte der ÖbVI wurden im Chat ausgiebig diskutiert. Thomas Paulus, Christian Winkler und Dr. Matthias Tochtrop-Mayr informierten über den Projektstand und die Herausforderungen des DABAG. Dabei wurde deutlich, dass die Digitalisierung von über 50 Mio. Grundbüchern mit ca. 500 Mio. Seiten eine Mammutaufgabe ist. Frühestens 2024 wird das DABAG bei ausgewählten Grundbuchämtern zur Pilotierung eingeführt. Daran anschließend muss mit einer sehr langen Migrationsphase gerechnet werden. Dabei sollen die Grundbücher gescannt und deren Inhalt mittels Software automatisch erkannt werden. Fehler in der automatischen Texterkennung müssen durch eine Prüfung eines Rechtspflegers eliminiert werden. Erst dann kann das digitale Grundbuch freigegeben werden. Medienbrüche sollen zukünftig vermieden werden und ein konsistenter Informationsfluss vom Notar über das Grundbuch zum Kataster realisiert werden. Fachspezifische Datenbanksichten, wie die verkürzte Darstellung der aktuellen Rangfolge der Belastungen in Abteilung III beispielsweise für Banken, soll mit dem DABAG ebenso möglich werden, wie die Führung einer digitalen Grundakte.

Als letzter Programmpunkt wagten Stefan Heitmann, Dr. Jens Riecken, Uwe Tüllmann, Carsten Müller und Markus Tönnißen einen Ausblick auf das Liegenschaftskataster im Jahr 2030. Die Akteure beleuchteten die Sicherstellung des Nutzens für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung aus den Blickrichtungen des Innenministeriums, der Landesvermessung, der kommunalen Sicht, des freien Berufsstandes und der Flurbereinigungsverwaltung. Herr Heitmann beschrieb die „Schraubzwinge“ aus Fachkräftemangel und schwindenden Ressourcen in Bezug auf die Erhebung topographischer Informationen und die Veränderungen in der Gebäudeerfassung. Das amtliche Vermessungswesen könne sich nur aus diesen Zwingen lösen, indem es seine Hausaufgaben machet und stärker auf die Digitalisierung setzt, die Qualität zum Topthema macht und den Ressourceneinsatz gezielt koordiniert. Dr. Riecken erläuterte den Weg und den großen Mehrwert eines nach dem EVA-Prinzip geführten Grunddatenbestandes und unterstrich die Notwendigkeit der vertikalen Integration. Auch werden neue Möglichkeiten durch Copernicus im Rahmen von Cop4ALL in der Praxis zukünftig an Bedeutung gewinnen. Der Vortrag machte deutlich, dass das amtliche Vermessungswesen ein enormes Vertrauen genießt und dass dieses hohe Gut auch unter den Herausforderungen des eGovernments in das digitale Zeitalter transformiert werden muss.

Von kleineren technischen Hürden die es zu bewältigen gab abgesehen, war die erste rein online abgehaltene Herbsttagung ein voller Erfolg. Sowohl für die Vortragenden, die im Anschluss an ihren Beitrag beispielsweise eine online Vorlesung für ihre Studierenden halten konnten oder virtuell zum baltischen Wertermittlertag „weiter reisen“ konnten, bot das online Format ebenso Vorteile für die Teilnehmenden, die zum Beispiel Vortragspausen zur Organisation der Kinderbetreuung nutzen konnten. Als Wermutstropfen blieb - neben den Vorzügen in puncto Reichweite und Flexibilität - das so wichtige Netzwerken leider auf der Strecke. Vorstellbar sind laut Herrn Wizesarsky zukünftig hybride Veranstaltungen, in denen jeder seiner persönlichen Situation entsprechend ein Online- oder Präsenzformat wählen kann. Als nächster Termin ist Donnerstag, 18.11.2021, im Haus der Technik in Essen reserviert.

Die Vorträge stehen größtenteils zum Download im Vortragsarchiv zur Verfügung.

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