Tagungsbericht Vermessungswesen aktuell 2021

Am 18. November 2021 traf sich die „Geo-Community“ Nordrhein-Westfalens zur traditionellen DVW-Herbstveranstaltung „Vermessungswesen aktuell“ im Haus der Technik in Essen. Im zurückliegenden Jahr noch als reines Online-Seminar durchgeführt, gab es im hybriden Format dieses Mal für die Teilnehmenden vor Ort wieder die Möglichkeit des corona-konformen gemeinsamen Austausches und Netzwerkens. Die über 250 Anmeldungen zeigten wieder einmal, dass abwechslungsreiche Programm hat den Puls der Zeit getroffen. Denn alle Vorträge, die als Tagungsdokumentation im Vortragsarchiv zum freien Download zur Verfügung stehen, blickten ausgehend von aktuellen Herausforderungen unserer Zeit mit geodätischem Blick in die Zukunft. [mehr lesen...]

von Michael Reinhardt

Am 18. November 2021 traf sich die „Geo-Community“ Nordrhein-Westfalens zur traditionellen DVW-Herbstveranstaltung „Vermessungswesen aktuell“ im Haus der Technik in Essen. Im zurückliegenden Jahr noch als reines Online-Seminar durchgeführt, gab es im hybriden Format dieses Mal für die Teilnehmenden vor Ort wieder die Möglichkeit des corona-konformen gemeinsamen Austausches und Netzwerkens. Die über 250 Anmeldungen zeigten wieder einmal, dass abwechslungsreiche Programm hat den Puls der Zeit getroffen. Denn alle Vorträge, die als Tagungsdokumentation unter www.dvw-nrw.de => Veröffentlichungen => Vortragsarchiv zum freien Download zur Verfügung stehen, blickten ausgehend von aktuellen Herausforderungen unserer Zeit mit geodätischem Blick in die Zukunft.

Ein Blick in die Zukunft gelingt nur mit einer validen Bestandsaufnahme. Nach der offiziellen Begrüßung präsentiere der NRW-Landesvorsitzende Dipl.-Ing. Andreas Wizesarsky die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Berufsnachwuchses. Zahlen, die den dramatischen Nachwuchsmangel einmal mehr verdeutlichten. Eben dieser Nachwuchs wird dringend gebraucht, das wurde im daran anschließenden Vortrag von Dipl.-Ing. Gerald Hölzer vom Ministerium des Innern NRW ebenfalls deutlich. Kein Nachwuchs ohne Ansprache. In diesem Sinne stellte Herr Hölzer die überreifende NRW-Kampagne „geodäsie.nrw – zukunft/perspektive/du“ der geodätischen Verbände, Institutionen, Berufs- und Hochschulen, Universitäten und Behörden vor. Sie hat das Ziel, das abwechslungsreiche Berufsfeld Geodäsie beim potentiellen Berufsnachwuchs bekannt zu machen. Bei dieser zentralen Frage sind alle Geodätinnen und Geodäten gefragt, ob mit Praktika, Ausbildungsplätzen oder Aktionstagen an Schulen. Ideen, wie man sich persönlich in der Kampagne einbringen kann, finden sich auf www.geodäsie.nrw.

Im nächsten Vortrag stellte Dr. rer. nat. Signe Mikulane von der Hochschule Bochum das von der EU geförderte Projekt „Netzwerk Building Information Modeling Mittleres Ruhrgebiet (BIM.Ruhr)“ vor. Weitere Projektpartner sind die Kreisverwaltung Recklinghausen und das Institut für Baubetrieb und Baumanagement (IBB) der Universität Duisburg-Essen. Frau Mikulane zeigte auf, dass gerade die Metropole Ruhr mit ihren Wandlungsprozessen sich für die Forschung im Zukunftsfeld BIM eignet. Denn BIM vermag große Chancen entfalten, diese Prozesse durch 3D-Erfassung und Modellierung effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt Leitfäden und Handlungsanweisungen zu entwickeln. Ebenso soll ein Wissenstransfer aus den Hochschulen in die Praxis sowie ein gemeinsames Lernen von Best-Practice-Bespielen erfolgen, um damit die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Baubranche zu stärken. Dazu werden – neben den Projektpartnern – auch kleine und mittelständische Unternehmen der Region in das Projekt einbezogen. Gearbeitet wird in vier Arbeitsgruppen modellhaft anhand von Pilotprojekten aus den Bereich Hoch-, Tief- sowie Infrastrukturbau. Frau Dr. Mikulane leitet die Arbeitsgruppe Geodäsie. Interessierte Kolleginnen und Kollegen sind weiterhin willkommen sich im Projekt miteinzubringen. Informationen dazu finden sich auf der Homepage www.bim-ruhr.net

Hölzer  Mikulane  Vossenkaul  Kany

Die Referentin und die Referenten des Vormittags: Hölzer, Mikulane, Voßenkaul und Kany (von links nach recht)

Herr Dipl.-Verww. Arnd Voßenkaul vom Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW entführte die Teilnehmenden in die spannende Welt der polizeilichen Tatortvermessung. In seinem Vortrag skizzierte er die ganze Bandbreite geodätischer Methoden zur Sicherung von Spuren. Angefangen von der Aufnahme mittels Bandmaß, über Einbildphotogrammetrie bis hin zum Einsatz von terrestrischen Laserscannern und Mehrbildphotogrammetrie mittels Drohnen. Die geodätische Expertise ist im Rahmen der Beweissicherung von hoher Bedeutung. Der Einsatz neuster Messtechnik erlaubt dabei immer neue Wege der kriminaltechnischen Untersuchung und Sicherung von Tatorten, z.B. der dreidimensionalen Rekonstruktion von Blut- und Schussbildern oder der Simulation von Sichtmöglichkeiten bei Verkehrsdelikten oder Zeugenaussagen. Somit leistet die Geodäsie auch im polizeilichen Umfeld einen zukunftsweisenden Beitrag.  

Im Rahmen des 150-jährigen Jubiläums hat der DVW-Arbeitskreis 2 „Geoinformation und Geodatenmanagement“ das morderne Story Telling unter dem Titel „Vom Gestern ins Heute nach Morgen“ aufgesetzt. Einen Einblick in diesen bunten multimedialen Mix aus kurzen Texten, interaktiven Karten, 3D Anwendungen, Videos und Grafiken gab Dipl.-Geogr. Christoph Kany von der Esri Deutschland GmbH und Mitglied des DVW-AK 2. Die Vielfalt der Geoinformationsbranche präsentiert sich auf der zentralen Homepage unter ak2.dvw.de, die während des Vortrages unmittelbar als Präsentationsgrundlage diente. Die Themen reichen von Digitalisierung, „Appifizierung“, BIM, Augmented Reality, digitale Zwillinge, Messen und Veranstaltungen, Literatur und Medien, Persönlichkeiten, Bauwerke und Ausbildung. Ein Blick auf diese Seite lohnt sich, da sie den Blick auf die Geoinformation aus der Vergangenheit über die Gegenwart bis in die Zukunft in abwechslungsreicher Weise lenkt.

Traditionell präsentieren nach der Mittagspause die DVW Turbo-Preisträgerinnen und Preisträger als Jahrgangsbeste der Geodäsie-Studiengänge in NRW ihre spannenden Bachelor- bzw. Masterarbeiten. In diesem Jahr kamen beide Preisträgerinnen von der Universität Bonn. Frau M.Sc. Isabel Gelfort befasste sich in ihrer Masterarbeit mit der Qualitätsanalyse eines mobilen Multisensorsystems, u.a. anhand von erfassten Flächen innerhalb einer abgefahrenen Trajektorie. Im zweiten Vortrag skizzierte Frau M.Sc. Lena Korfmacher die soziale Umlegung als einen bodenpolitischen Reformansatz zur Schaffung von gefördertem Wohnraum, deren Potential sie an verschiedenen Umlegungsgebieten beispielhaft ermittelte. Beide Preisträgerinnen leisten mit ihren Arbeiten folglich einen wertvollen Beitrag in geodätischen und gesellschaftlichen Megathemen unserer Zeit.

Frau Dr.-Ing. Alexandra Renz vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW griff ein weiteres aktuelles Top-Thema in ihrem Vortrag auf, der unter dem Titel „Gesellschaftlich ein Konsens, (raum)planerisch eine Herausforderung – Ausstieg aus der Braunkohle im Rheinischen Revier“ stand. Frau Dr. Renz ordnete in ihrem Vortrag die jetzt nötigen (behördlichen) Schritte des Braunkohleausstiegs in das Geflecht der Raumordnung mit deren verschiedenen Institutionen, Wirkungszusammenhängen und Plänen ein. Dabei wurde deutlich, dass der politisch und gesellschaftlich gewollte Kohleausstieg bis 2038 alle raumordnerischen Akteure vor eine Herausforderung stellt, den politischen Beschluss in entsprechende Pläne umzusetzen.

Gelfort  Korfmacher  Renz

Referentinnen des ersten Nachmittag-Blocks: Gelfort, Korfmacher, Renz mit Wizesarsky (von links nach recht)

Den letzten Bericht vor seiner Pensionierung nutze Dipl.-Ing. Jürgen Kremers vom Ministerium des Innern NRW keineswegs für eine Bilanz mit Rückblick. Vielmehr warf auch er bei seinem Beitrag den Blick auf die aktuellen Herausforderungen und Fragen, denen sich das nordrhein-westfälische Vermessungswesen aktuell entgegensieht. Dazu zählen die neuen Regelungen in der Ausbildung, beispielsweise die Umsetzung des Blauen Heftes vom Oberprüfungsamt für die Referendarausbildung. Im Bereich des Liegenschaftskataster ist das Thema der Gebäudeeinmessung weiterhin Diskussionsgegenstand und die vertikale Integration zwischen Liegenschaftskataster und Landesvermessung wird vorangetrieben. Ein neues Produkt der Landesvermessung bereitet die Aufnahmen der europäischen Sentinel-Satelliten zu einem dynamischen Mosaik auf. Im Ergebnis wird flächendeckend stets die aktuelle wolkenfreie Aufnahme kachelweise präsentiert. Dies alles ist aus Sicht von Herrn Kremers allerdings nicht genug. Denn vom aktuellen AAA müssten wir zum FFF (Fit for Future) kommen. Auf diesem Weg müssen Zukunftsfragen heute vorangetrieben werden, u.a. das Thema SmartMapping, Digitalisierung oder eGovernment.

Der Landesvorsitzende des BDVI NRW Dipl.-Ing. Rudolf Wehmeyer griff die Forderung Fit for Future auf und präsentiere den 6-Punkte-Plan des Berufsverbandes mit Vorschlägen für den Weg in die digitale Zukunft. Dieser sieht die Verbesserung der Meldesysteme, die Nutzung von Planungsdaten und der Auswertung von baubegleitenden Vermessungen, die Verschlankung der Innendienstarbeiten (bspw. der Verzicht auf den Fortführungsriss bei der Gebäudeeinmessung) und das Ausnutzen des ALKIS-Potentials mit der NAS-ERH2 vor. Zu guter Letzt böte die Prozesskette bei der Übernahme vollständig digitaler Unterlagen erhebliche Potentiale der Optimierung, die der Aktualität, Zuverlässigkeit und Genauigkeit vor den aktuellen Herausforderungen Rechnung trage.

Im Schlusswort blickte Andreas Wizesarsky in die geodätische Zukunft des kommenden Jahres, mit der INTERGEO vom 18.-20.10.2022 in Nordrhein-Westfallen und dem nächsten Vermessungswesen Aktuell am 17.11.2022 – beide in Essen.


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     Abschlussbild der Referentinnen und Referenten mit Kremers und Wehmeyer (vorne links)

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